Das Kunst Museum Winterthur zeigt seine Landschaftshighlights aus dem niederländischen Barock für einmal in einem anderen Umfeld: Unter dem Titel Low Land, New Heights trifft Malerei aus dem 17. Jahrhundert auf Land Art und Videokunst der 1970er Jahre.
Die niederländischen Künstler des 17. Jahrhunderts schufen veritable Topographien ihrer Heimat: weite und flache Dünen- und Küstenlandschaften und nicht zuletzt Gegenden mit Wasser, so weit das Auge reicht. Der Blick in die Ferne auf ausgedehnte Landstriche und Gewässer entspricht der Seherfahrung in den «niederen Landen». Entsprechend tief legten die Maler den Horizont in ihren Bildern, über dem sich der weite Himmel mit seinen bewegten Wolkengebilden ausbreitet.
Die vertraute heimische Landschaft war nach erlangter Unabhängigkeit der Niederlande Ausdruck für ein neues Bewusstsein für das eigene Land und die nationale Identität. Sie etablierte sich besonders bei der Stadtbevölkerung zum beliebtesten Bildthema. Mit ihr gelangte gewissermassen ein Stück Natur in die dunklen Stadtwohnungen. Die Fluss- und Dorfansichten Jan van Goyens sind dafür ebenso repräsentativ wie die pittoresken Dünen- und Waldlandschaften Pieter de Molijns. Stolz waren die Holländer auch auf ihre weltumspannende Handelsmacht, die in den See- und Marinestücken eines Willem van de Velde zum Ausdruck kommt. Mit Jacob van Ruisdael schliesslich gewann die Landschaftsmalerei als Spiegel menschlichen Empfindens eine geistige Dimension.
In diesem Sinne führt der Gang durch das holländische Flachland zu Richard Long (*1945) und Lawrence Weiner (1942–2021), zwei Pionieren der Land Art und Konzeptkunst der 1960 Jahre, die mit ihrer Kunst ebenfalls neue Wege beschritten haben. Longs elementare Struktur aus Treibholzstücken lässt in ihrer Form als lineare Setzung den Weg des Künstlers anklingen und macht seinen respektvollen Gang durch die Natur für uns selbst erfahrbar. Mit ihren wegweisenden Arbeiten wird das Leitmotiv der Ausstellung in unsere Zeit getragen. Nicht mehr das Abbild einer spezifischen Landschaft steht im Zentrum, sondern die direkte materielle oder konzeptuelle Auseinandersetzung mit der Natur. So regt Low Land, New Heights nicht zuletzt dazu an, neue Ausblicke auf den künstlerischen Umgang mit der Natur aufzuzeigen und uns mit der eigenen Beziehung zur Umwelt und unserem Verhältnis zur Natur zu beschäftigen. Dem vielschichtigen Genre der Landschaftsmalerei ist die Kabinettpräsentation Low Land, New Heights mit den Sammlungshighlights des niederländischen Barocks gewidmet, die für einmal in einem anderen Umfeld im Kunst Museum Winterthur | Beim Stadthaus zu erleben sind.
pd